Mirga Gražinité-Tyla
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Beseelt

Mirga Gražinité-Tyla und das City of Birmingham Symphony Orchestra zu Gast in der Berliner Philharmonie

29. Nov. 2018

Sie wirkt jetzt kontrollierter, gleichwohl sehr sprechend mit den fließenden Bewegungen ihrer Arme. Im September hat sie einen kleinen Jungen geboren. Der fordert ihre Aufmerksamkeit. Keine Extras bei der Kleidung und Haartracht, wie früher.

Mirga Gražinité-Tyla ist mit ihrem City of Birmingham Symphony Orchestra eingeladen in die Berliner Philharmonie. Die Konzert-Direktion Adler feiert ihr 100-jähriges Bestehen. Das Orchester ist ziemlich jung besetzt, wirkt sehr präzis und geschmeidig in der Tongebung. Man spielt Brahms und Tschaikowsky.

Zum Auftakt das ausladende 2.Klavierkonzert B-Dur von Johannes Brahms. Am Flügel ein Wiener Routinier, Rolf Buchbinder. Wohl gedacht auch als Publikums-Anreißer. Symphonie-Konzerte in Berlin von auswärtigen Orchestern sind selten ein echter Renner, und die junge Dirigentin noch nicht allen geläufig. Der Saal ist denn auch nur zu gut zwei Drittel gefüllt.

Das Ineinandergreifen von Solist und Orchester gelingt fugenlos. Die schnellen Tempi nehmen Solist und Dirigentin etwas schneller als gewohnt, die langsamen etwas langsamer. Spannung verliert das nie. Im Gegenteil, gerade auch die zurückgenommenen Teile – wie der dritte Satz – wirken tief erfüllt und innerlich beseelt.

Schlussapplaus

In ihrem eigentlichen Element ist die Dirigentin aber bei der „Nussknacker“-Suite von Peter Tschaikowsky. Hier wirkt alles bis zum Letzten ausgefeilt und durchdacht. Präzise wie in einem Uhrwerk schnurrend die schnellen Sätze, mächtig wie das große Tor von Kiew die Portale für diesen Kindertraum.

Der Beifall am Ende riesig, bedankt mit einer kleinen Zugabe vom Nussknacker. Dann ist dieser wunderschöne Abend vorbei. Und man wünscht sich eine baldige Neuauflage. Vielleicht ohne einen Solisten.

*

Hinübergleiten ins Jazzig-Tänzerische

Mirga Gražinité-Tyla mit Musikern aus Osteuropa im Konzerthaus Berlin

02. März 2018

Diese Leichtigkeit, diese Energie – auch mit diesem Konzert konnte die aus Litauen stammende Dirigentin Mirga Gražinité-Tyla erstaunen und beglücken. Diesmal nicht im eng geschnürten Kleid und mit hochgesteckten Zöpfen, überrascht sie in einem weiten gelb-roten Blüschen mit dunkler Hose. Das Programm hat man etwas umgestellt, beginnt mit kammermusikalisch begleiteten Chören von Osvaldas Balakauskas (geb. 1937), teils litaneiartig wie bei Arvo Pärt, teils rhythmisch akzentuiert folklorehaft. Als Chor-Dirigentin hat Mirga Gražinité-Tyla ursprünglich begonnen. Wunderbar wie sie hier die „Camerata Silesia“ aus Kattowice führt.

Schlussbeifall Lit.Nat.Orchester und Mirga G-T

Dann der Knaller des Abends, ein Duo von Solovioline und Klavier mit Streichorchester, „Bruderschaft“ von Vakhtang Kakhidze (geb. 1959). Dabei höchst virtuos und fulminant musikantisch Mirgas quicklebendige jüngere Schwester Onuté Gražinité am Flügel. Das Stück gleitet fast unmerklich ins Jazzig-Tänzerische, wobei die Pianistin mit Fingern und Füßen den starken Taktteil betont. Dazwischen ein etwas besinnlicher Teil und zum Schluss ein dann – auch noch nach enthusiastischem Beifall wiederholter – rasend schneller Schlussteil, bei dem die Dirigentin – gleichsam wie eine Probe fürs Wiener Neujahrskonzert – das Publikum zum Mitklatschen animiert.

Nach der Pause das „De profundis“ für Streicher von Raminta Šerkšnyté (geb. 1975), ein leicht irrlichternd-irritierendes Stück mit hohen Unisono-Geigen-Einwürfen von kleinen Terzen und Sekunden. Zum Schluss das ganze Ensemble des Litauischen Nationalen Sinfonieorchesters. Mirga Gražinité-Tyla kann da aus dem Vollen ihrer interpretatorischen Raffinesse schöpfen bei Igor Strawinskys „Sacre du printemps“, auch wenn das Orchester aus ihrer Heimat hörbar nicht den Rang hat des Orchesters in Birmingham, dessen Chefin sie ist. Dennoch langer enthusiastischer Beifall.

Das Konzert war ein „Nachklang“ zum „Festival Baltikum“ des Konzerthauses – mit auch viel diplomatischer Prominenz im Parkett. Sicher ein Höhepunkt.

Fotos: gf-kühn

Berauschend

Mirga Gražinité-Tyla debütiert mit dem DSO in der Berliner Philharmonie

07.12.2017

Kann Sibelius so klingen? Farbig schwingend wie ein rauschendes Klanggemälde, wie das wispernde Fächeln im Wind mit auch echoartig heterophonen Melodien, oder auch ganz zart und verhalten, oder wie ein wirbelnder Tanz in einer Sommernacht? Er kann, wenn eine solche Könnerin wie Mirga Gražinité-Tyla am Pult eines hochdotierten Orchesters steht und diese Musik bis ins Detail gleichsam vortanzt. So die litauische Dirigentin bei ihrem Debut mit dem Berliner Deutschen Symphonie-Orchester in der Berliner Philharmonie. Sibelius‘ „Lemminkäis-sarja“ (Lemminkäinen-Suite) aus den Jahren 1895-1939 stand da als Schlussstück auf dem Programm. Die Suite erzählt fast wie in einem Film Episoden aus dem finnischen Nationalepos „Kalevala“. Und der Dank des Publikums für dieses Musikerlebnis war am Ende gleichfalls berauscht und berauschend.

Applaus für Kremer und Mirga

Zuvor spielte sie mit Gidon Kremer als Solist das Konzert für Violine und Orchester op.67 (1959) von Mieczyslaw Weinberg (1919-1996), ein Werk das im Zuge der Entstalinisierung in der Sowjetunion entstand. Energiegeladen aufbrechend der Beginn, mit mancherlei Anklängen an Weinbergs Mentor Dmitri Schostakowitsch. Im zweiten Satz in ein breites Streichermelos mündend. Der dsritte Satz dann sehnsuchtsvoll, am Ende wie verhauchend. Und im vierten Satz wieder aufbrechend in einen verrückten Marsch. Als Zugabe spielte Kremer dann noch ein ganz zartes Präludium. Und schon zum Einstand gab es von den DSO-Streichern als „Zugabe“ ein kurzes Stück von Sibelius, Szene mit Kranichen, zum Gedenken an den 100.Geburtstag Finnlands am Tag davor und den 98. von Weinberg am Tag danach.

In Berlin hat die Dirigentin nach Aufführungen mit dem Orchester der Komischen Oper offenbar auch schon Fans. Die „Los Angeles Times“ krönte die junge Dirigentin, die nach Stationen u.a. in Heidelberg, Bern, Salzburg und Gastdirigaten in Los Angeles jetzt Chefdirigentin der Dirigenten-Kaderschmiede City of Birmingham Symphony Orchestra ist, schon jetzt nach einem neuerlichen Gastspiel an der US-Westküste mit Kremer als Solisten zur „Monarchin“ der Dirigenten-Zunft, verstorbene wie Leonard Bernstein inklusive. Es ist nicht zu hoch gegriffen, kann man sie beobachten bei der Arbeit und im Konzert am Pult. Man darf gespannt sein, wie lange sie Birmingham erhalten bleibt.

Foto: gf-kühn

Filigran geschliffene Klangexplosionen

Mirga Gražinité-Tyla und das Orchester der Komischen Oper

30. Juni 2017

Mirga 30.06.17

Bereits zum dritten Mal dirigierte Mirga Gražinité-Tyla das Orchester der Komischen Oper. Zunächst bei einem Konzert, dann mit einigen Nachaufführungen der eher verkorksten „Carmen“-Inszenierung von Sebastian Baumgarten. Jetzt also als die neue Chefdirigentin des Birmingham Symphony Orchestra und damit Nachfolgerin von Sir Simon Rattle und Andris Nelsons. Und man spürte durchaus eine Vertrautheit mit den Berliner Musikern. Mit ihrem neuen Englischen Orchester ist sie gleich nach dem G-20-Gipfel auch in der Hamburger Elbphilharmonie zu Gast. Ihre Musikdirektorenzeit am Salzburger Landestheater, wo sie u.a. mit einer „Idomeneo“-Produktion brillierte, lief jetzt aus.

Die Akustik in der Komischen Oper kann mit dem Hamburger Prunkbau und auch mit der Symphony Hall in Birmingham nicht im Entferntesten mithalten. Was musikalisch zu hören war, sicher mit vielem, was in Felsensteins Theater bislang erklang. Ungeheuer frisch, durchsichtig, filigran schon das 12-minütige Auftaktstück von Mieczysław Weinberg (1919-1996), die „Rhapsodie über moldawische Themen“ op. 47/1. Sie machte deutlich, zu welch geschliffenen Klangexplosionen die junge Dirigentin ein Orchester bringen kann. Überraschend gemächlich ging sie Sergeij Prokofjews „Sinfonie classique“ an, um dann aber auch in einen rasanten Schlussspurt zu münden.

In Tschaikowskis Klavierkonzert Nr.1 nach der Pause war dann mit der Venezolanischen Pianistin Gabriela Montero eine Solistin am Werk, die etwas undifferenziert die Pathos-Bezüge dieses Paradestücks hervorkehrte. Als Zugaben forderte sie am Ende die Zuhörer auf, ihr Themen vorzuschlagen, über die sie improvisieren konnte. Das war durchaus im Bach‘schen Sinn erstaunlich kontrapunktisch gedacht und ausgeführt. Es rundete ihren Auftritt, der zunächst durch eine Einlage Venezolanischer Besucher, die auf die politische Situation ihrer Heimat hinweisen wollten, verzögert wurde, leichtfüßig ab.

Foto: gfk

Mirga Gražinité-Tyla brilliert mit Mozarts Idomeneo in Salzburg

idomeneo und Besatzung